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Frühchen – Wenn das Leben zu schnell beginnt

Wird ein Kind vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren und wiegt dabei weniger als 2.500 Gramm, spricht man von einer Frühgeburt. Etwa acht bis neun Prozent aller Neugeborenen in Deutschland kommen als sogenannte Frühchen zur Welt. In der Klinik werden sie meist auf spezialisierten Stationen engmaschig überwacht. Je nach Reifegrad benötigen sie Unterstützung beim Atmen, Trinken oder bei der Wärmeregulation. Für Familien bedeutet eine Frühgeburt häufig einen unerwarteten Einschnitt – verbunden mit Sorgen, Unsicherheiten und organisatorischen Herausforderungen.

FAQ – Häufige Fragen

Frühgeburt: Medizinische Fakten und Entwicklungen

Dank moderner Intensivmedizin haben sich die Überlebenschancen von Frühgeborenen deutlich verbessert. Bereits ab der 24. Schwangerschaftswoche bestehen heute bei intensivmedizinischer Versorgung gute Überlebenschancen. Ab der 28. Woche liegt diese bei rund 95 Prozent.

Viele frühgeborene Kinder entwickeln sich später gesund und altersgerecht. Mäßig früh geborene Kinder – also zwischen der 32. und 37. Schwangerschaftswoche – holen in ihrer Entwicklung oft rasch auf. Kinder, die sehr früh (zwischen der 28. und 31. Woche) zur Welt kommen, zeigen häufiger Entwicklungsverzögerungen, gleichen diese aber in vielen Fällen mit der Zeit aus. Die Entwicklung extrem unreifer Frühgeborener (vor der 28. Woche) verläuft oft komplex und erfordert intensive Begleitung.

Nach der Geburt: Unterstützung für Eltern

Die erste Zeit mit einem Frühchen kann für Eltern sehr belastend sein – besonders, wenn das Kind noch medizinische Unterstützung benötigt oder noch nicht zu Hause ist. Wichtig sind in dieser Phase Entlastung und kompetente Begleitung, um die eigene Kraft zu erhalten und Sicherheit im Umgang mit dem Kind zu gewinnen.

Viele Kliniken bieten eine familienorientierte Nachsorge an: Fachkräfte verschiedener Disziplinen begleiten Eltern bereits während des Klinikaufenthalts und auch in den ersten Wochen zu Hause. Auch eine Hebamme oder eine Kinderkrankenschwester können wichtige Ansprechpersonen sein.

Die Situation auf der Intensivstation ist oft von Hoffnungen und Sorgen geprägt. Das Baby wird vielleicht über Monitore überwacht, liegt im Inkubator und wird über eine Magensonde ernährt. Bindung, Nähe und das erste Wickeln oder Halten verlaufen anders als erhofft. Das Wochenbett kann für Mütter besonders kräftezehrend sein – körperlich geschwächt und seelisch angespannt, weil das Kind nicht bei ihnen ist. Stillen ist oft nur durch Abpumpen möglich, da viele Frühgeborene noch nicht selbst saugen können. Die sogenannte Känguru-Methode – also der regelmäßige Hautkontakt mit dem Baby – kann dabei helfen, Bindung aufzubauen und das Kind zu stabilisieren.

In solchen belastenden Zeiten ist es wichtig, Warnzeichen für postnatale Depressionen zu kennen. Eine psychotherapeutische Begleitung kann helfen, Ängste und Erschöpfung zu verarbeiten und neue Stabilität zu finden.

Zusätzlich kann eine Haushaltshilfe beantragt werden. Die Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse, wenn ein ärztliches Attest den Bedarf bestätigt. Auf ärztliche Verordnung hin ist auch eine sozialmedizinische Nachsorge möglich – sie unterstützt die Familie über den Klinikaufenthalt hinaus und ist Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Nachsorge und Entwicklung

Einige Kliniken geben Eltern frühgeborener Kinder einen sogenannten Nachsorgepass mit. Dabei handelt es sich um einen Ordner oder eine Mappe, in dem wichtige medizinische Informationen gesammelt werden: etwa zur Entwicklung, zu Therapien oder zur Medikation. Der Pass erleichtert die Abstimmung zwischen behandelnden Fachkräften und unterstützt Eltern bei der Organisation von Terminen und Nachsorgeangeboten.

Frühförderstellen bieten zusätzliche Unterstützung, wenn Entwicklungsverzögerungen auftreten oder ein besonderer Förderbedarf besteht. Ziel ist es, dem Kind einen guten Start ins Leben zu ermöglichen und Familien frühzeitig zu stärken.

Mutterschutz und Elterngeld bei Frühgeburt

Bei einer Frühgeburt verlängert sich die Mutterschutzfrist: Zusätzlich zu den regulären acht Wochen nach der Geburt werden die Tage angerechnet, um die das Kind vor dem errechneten Geburtstermin geboren wurde. Handelt es sich um eine medizinische Frühgeburt, beträgt die Mutterschutzfrist nach der Geburt pauschal zwölf Wochen. So kann der Schutzzeitraum insgesamt bis zu 18 Wochen umfassen.

Voraussetzung ist ein ärztliches Attest, aus dem das geringe Geburtsgewicht (unter 2.500 g) oder fehlende Reifezeichen hervorgehen. Die Krankenkasse benötigt diese Bescheinigung.

Das Elterngeld wird ab dem tatsächlichen Geburtstag des Kindes berechnet. Die Mutterschaftsleistungen werden auf das Elterngeld angerechnet.

Frühe Hilfen, Lotsendienste und Beratung in MV

In Mecklenburg-Vorpommern stehen Familien mit Frühgeborenen vielfältige Unterstützungsangebote im Rahmen der Frühen Hilfen zur Verfügung. Diese richten sich an (werdende) Eltern ab der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr des Kindes. Sie umfassen praktische Hilfen, Beratung, Vermittlung und Begleitung. Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen, der Jugendhilfe, der Frühförderung und anderen Bereichen arbeiten in Netzwerken zusammen.

Frühe Hilfen stärken Eltern in einer besonders sensiblen Lebensphase. Ziel ist es, die Eltern-Kind-Beziehung frühzeitig zu fördern und Familien bei der Bewältigung des Alltags zu unterstützen. Die Angebote sind freiwillig, vertraulich und kostenfrei – insbesondere für Familien, die in belastenden Situationen leben oder deren Zugang zu Hilfen erschwert ist. Sie sollen bestehende Angebote ergänzen und besser vernetzen.

Babylotsen

In einigen Kliniken sind sogenannte Babylotsen tätig. Sie erkennen frühzeitig psychosoziale Belastungen und vermitteln betroffene Familien in passende Angebote – vertraulich und auf Wunsch auch anonym. Darüber hinaus beraten Familienhebammen, Psychologinnen und Sozialpädagoginnen in ganz Mecklenburg-Vorpommern individuell und niedrigschwellig. Kostenfreie und anonyme Unterstützung erhalten Eltern über:

  1. Eltern-Hotline des Bundesverbands "Das frühgeborene Kind": 0800 – 875 877 0
  2. Elterntelefon der „Nummer gegen Kummer“: 0800 – 111 0 550

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